In 2023 geht nun die fünfte Runde der Flausen+ Forschungsresidenzen für Künstler:innen und künstlerische Gruppen zum Zweck Recherche und Forschung für 2 bis 4 Monate an einem selbstgewählten Projekt los. Diese in der Pandemie entstandene Förderung gilt als die voraussichtlich letzte Rechercheförderung ihrer Art und umso mehr freuen wir uns, 12 einmalige Künstler:innen bei ihren Projekten zu begleiten. Das TNT gehört zu den 19 Theaterhäusern, die die Künstler:innen und Absolvent:innen mit Rat, aber auch mit Workshops, Werkschauen, Try-Outs und Vernetzung unterstützen. Durch die Förderung eines ergebnisoffenen Recherchevorhabens werden einerseits Verbindungen zu freien Theaterhäusern, andererseits eigene künstlerische Perspektiven stabilisiert und gestärkt und somit das Wiederaufleben vom kulturellen Leben Deutschlands befördert. Die aktuellen Forschungsresidenzen laufen vom 1. März bis zum 30. April 2023. Wir wünschen den Künstler:innen eine ergebnisreiche Forschung und freuen uns auf die kommende Zusammenarbeit!
Unsere Stipendiat:innen
Silvie Marks | Being Ms. Taugenichts – das revolutionäre Potenzial der Unterlassung von (Re)Produktivität
Was, wenn Frauen aufhören, die ihnen von einem wachstumsorientierten patriarchalen System zugedachten (re)produktiven gesellschaftlichen Aufgaben zu erfüllen? Erlangen sie die Macht, seine destruktiven Mechanismen lahmzulegen und es zu verändern? Silvie Marks untersucht die Figur des Taugenichts aus feministischer Perspektive und befragt Praktiken des Unterlassens auf ihr subversives Potenzial.
Arnita Jaunsubrena aka almost good | MANGELHAFT (AT)
Was ist Arbeit? Ich weiss nur, dass es ohne nicht geht… Oder? Seit meiner Diagnose und ständigen Arbeitsblockaden (sic! Es ist nicht Faulheit) musste ich meine Beziehung zur Arbeit neu erfinden. In meiner Residenzzeit im Theater neben dem Turm in Marburg, möchte ich die komplizierte Beziehung zwischen den Menschen und Arbeit untersuchen. Wie ist der Verständnis dieser Tätigkeit im Laufe der Zeit geschiftet und welche Erwartungen haben wir zu der. Und vor allem, was macht man, wenn man nicht die erwartete Menge der Aktivität mitbringen kann. Ist man dann mangelhaft?
Moritz Junkermann | Routinen des Hörens – praxisorientierte Kuration experimenteller Bühnenformate (AT)
Das Kuratieren experimenteller Bühnenformate unterliegt einer Vielzahl von Herausforderungen und wird insbesondere nach den Erschütterungen durch die Pandemie und durch das Auslaufen vieler damit verbundener Förderprogramme nicht einfacher. Neue Wege müssen ausprobiert werden. Die Resultate der diesbezüglichen Auseinandersetzung sollen in einigen Veranstaltungen im Jahr 2023 angewendet werden.
Sarah Timm | Erforschung von Stille im Theaterraum
Das Vorhaben „Erforschung von Stille im Theaterraum“ möchte die Wirkung der Stille und die Tragbarkeit dieser auf der Bühne erforschen. Basierend auf den Fragestellungen: Gibt es verschiedene Arten und Lautstärken von Stille? Was kann in Stille passieren? – forscht das Projekt anhand von klassischen, wie modernen Theater Texten. Unausgesprochen. Nicht pantomimisch. Der Ausdruck der Stille.
Désirée Hall | Digitale Visualisierung als ästhetischer Zugang für Taube und Hörende in der Darstellenden Kunst
Im Rahmen der Residenz werden digitale Möglichkeiten der interaktiven Visualisierung von Bewegung und Klang auf den heterogenen Wahrnehmungsebenen von Tauben und Hörenden im Kontext von Musiktheater erforscht und daraus resultierende ästhetische Ansätze für zukünftige Performances von ensemble in transition für Neue Musik, Gebärdenpoesie und Tanz eruiert.
Anna Krauß | category:chaos
Das literarisch, wissenschaftlich und anthropologisch basierte Projekt „Category:Chaos“ möchte sich der versteckten Netzwerken, systemischen Beziehungen und vergessenen Gefährt*innen widmen. Wie können wir uns in einer Praxis des „Weg-Sehens“, des „Ent-Lernens“, des „Um-Denkens“ üben und welche politischen und inszenatorischen Konsequenzen ergeben sich aus diesen neuen Blickwinkeln? Wie können Datenströme, Pilze, Spinnen, Algorithmen und Viren im Theaterkontext Raum und Stimme bekommen und welche ästhetische Form wird ihnen gerecht?
Silvia Pahl | tame titans – zahme Titanen oder analoge Immersion
Ich suche Auswege aus menschenzentriertem Denken, Handeln, Deuten, Kunst-machen. Dafür lerne ich eine Fremdsprache ohne Worte, die Sprache einer nichtmenschlichen Existenz. Pflanzen als Protagonisten. Nichtmenschliche Narration, ich nenne es – vorläufig – Bioartistik. Meine Recherche beginnt im eigenen Garten. Ich erweitere meine Kreise in den Wald, auf die Wiese, an den Bachlauf. Ich suche verschiedene Formen der Bezugnahme. Kontakt, Berührung, Nachahmung und beobachte Wechselwirkungen.
Doreen Kutzke | Wie es in den Wald schallt – hear my voice and answer me
Die Recherche beschäftigt sich mit dem physikalischen und mystischen Phänomen des/der Echo. Die Nymphe, die verflucht ist alles Gesagte zu wiederholen, bis hin zur Auflösung. In einer musikalischen Komposition untersuchen PerformeInnen in der Praxis diese Technik, anhand von real existierenden Inhalten aus deren sozialen Medien, und versuchen durch ständige Wiederholung, Inhalte zu verwandeln, aufzulösen und zu reinem Sound werden zu lassen.
Eleni Poulou | Bring the long tones into the house that just sprouted
In Eleni Poulou’s Recherche wird ein Zusammenspiel von langen Noten in Raum, Zeit und Körper erforscht, indem akustische und elektronische Schwingungen zum Gegenstand werden. Vor und nach jeder Performance werden körperliche Merkmale wie Puls, Stimmhöhe oder Stimmung registriert. Die kulturelle Darstellung von heilenden Klängen wird mit eigenen alltäglichen Berichten untermauert.
Marcus Tesch | FAKING FAERY
Mit «Faking Faery» setzt der Autor und Dramaturg Marcus Peter Tesch seine Beschäftigung mit queeren Gemeinschaftsentwürfen der Vergangenheit fort. Im Zentrum der Recherche steht das «Radical Faerie Movement»: Dieses entwickelte sich während der sexuellen Revolution der 1970er Jahre als Teil der Schwulenrechtsbewegung in den USA und wird von ihm auf sein theatrales Potential hin untersucht.
Hwanhee Hwang | research for how to illustrate the sound of music through the body and make dance audible
Ausgangspunkt ist die Beobachtung der Verbindung zwischen Musik und Tanz, und wie Tanz von unseren Sinnen interpretiert werden kann, wenn er sich von der Musik löst. Ziel des Projektes ist der Versuch, Tanz so zu praktizieren, dass er als Musik wahrgenommen werden kann. Der Schwerpunkt der Forschung wird darauf liegen, die Klänge der Musik zu illustrieren und sie durch den Körper neu zu komponieren.
Frédéric de Carlo | Ladder, ladder, high chair
Wie wirkt es sich aus, wenn man den Platz des Publikums verändert, es in das Dispositiv der Bühne einbezieht, es physisch stärker im Prozess der Aufführung mitdenkt? Ziel dieser Forschungsarbeit ist es, das Konzept der Publikumsbeteiligung im Bereich der darstellenden Künste zu untersuchen und zu hinterfragen. Mit Hilfe von Gerald Siegmunds Text „Against Participation“ (Gegen Partizipation) sollen die verschiedenen Aspekte und Grenzen dieses Konzepts untersucht werden, um daraus einen Vorschlag für eine Aufführung entwickeln zu können.
Gefördert vom Fonds Darstellende Künste aus Mitteln der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien im Rahmen von NEUSTART KULTUR. Realisiert durch das Bündnis internationaler Produktionshäuser, das Netzwerk freier Theater und das flausen+bundesnetzwerk.