Wir sind überwältigt von Infos zur Pandemie. Und so viele Menschen auf einem Fleck wie auf diesem Bild auf unserer Startseite – das kommt uns jetzt, nach nur wenigen Wochen der Pandemie, schon völlig absurd vor. Dennoch gibt es auch andere Themen, die uns wichtig sind und die wir nicht aus den Augen verlieren wollen. Dazu gehört der Rechtspopulismus, Rassismus, die Diskriminierung von Menschen aufgrund ihrer Hautfarbe, ihrer sexuellen Ausrichtung, ihrer Religion. Das alles geht weiter. Rechtspopulist*innen fordern die Einschränkung der Kunst, doch die Kunst bleibt frei.
Marburger Erklärung der Vielen
Demokratie ist ein stetiger Streit der Positionen und Meinungen. Sie gibt nicht nur Freiräume, sondern fordert auch, dass diese gestaltet werden. Um diese Freiheiten zu erhalten, wehren wir uns gegen alle Versuche die Freiheit von Kultur, Wissenschaft und Kunst einzuschränken.
Zu einer freien, demokratischen Gesellschaft gehören Meinungs- und Pressefreiheit.Auch die Freiheit von Kunst, Wissenschaft und Kultur ist auf der Basis der ethischen Werte unserer Verfassung in einer Demokratie nicht verhandelbar. Denn nur in einer Gesellschaft, in der Kulturschaffende, Künstler*innen, Wissenschaftler*innen und Kreative frei sind, kann sich eine Gesellschaft weiterentwickeln.
Kunst, Wissenschaft und Kultur setzen sich kritisch mit der Gesellschaft auseinander, fordern den Dialog, die Auseinandersetzung. Hier werden Visionen für die Zukunft entwickelt, gesellschaftliche Zustände reflektiert.Dies kann Veränderungsprozesse initiieren und den gesellschaftlichen und politischen Diskurs voranbringen.
In Marburg leben Menschen aus über 140 Nationen zusammen. Menschen unterschiedlicher Herkunft prägen das Leben dieser Stadt. Wir begrüßen und feiern die Diversität unserer Gesellschaft, sind uns aber bewusst, dass dies in den gegenwärtigen Zeiten nicht selbstverständlich ist: Auch in der Stadt Marburg und im Marburger Umland gibt es rechtspopulistische Positionen, denen kulturelle Vielfalt und Begegnung, Solidarität und der respektvolle Umgang mit Menschen jeglicher Herkunft und sexuellen Orientierung ein Gräuel ist.
Entsprechend dem Grundgesetz (Art. 1-19) ist auch in den Marburger Spielplänen, Lese- und Konzertreihen, Veranstaltungen aller Art die Diversität unserer Gesellschaft fest verankert und soll auch weiterhin abgebildet und gefeiert werden. Sie zu erhalten, zu schützen und zu pflegen und uns dabei klar gegen jegliche Ausgrenzung, Diskriminierung, gegen Rassismus, pseudowissenschaftlichen Revisionismus und nationalistisches Gedankengut zu positionieren ist unser gemeinsames Anliegen. Wir erklären uns ausdrücklich solidarisch mit all denjenigen, die von rechten Positionen angegriffen werden. Denn von diesen rechten Positionen geht die Gefahr aus, den freiheitlichen Grundgedanken unserer Gesellschaft zu zerstören.
Der rechte Populismus sowie Radikalismus, der die Kultur- und Wissenschaftseinrichtungen als Akteur*innen dieser gesellschaftlichen Vision von Freiheit, Diversität und Offenheit angreift, steht der Kunst der Vielen feindselig gegenüber. Rechte Gruppierungen und Parteien stören Veranstaltungen, wollen in Spielpläne eingreifen, polemisieren gegen die Freiheit der Kunst und arbeiten an einer Renationalisierung der Kultur.
Ihr verächtlicher Umgang mit Menschen auf der Flucht, mit engagierten Künstler*innen, mit allen in ihrem Sinne anders Denkenden und anders Lebenden verrät, wie sie mit der Gesellschaft umzugehen gedenken, sobald sich die Machtverhältnisse zu ihren Gunsten verändern würden.
Wir als Unterzeichnende der Marburger Kunst-, Wissenschafts- und Kultureinrichtungen und ihrer Interessenverbände begegnen dieser Gesinnung mit einer klaren Haltung:
Die unterzeichnenden Kunst-, Wissenschafts- und Kulturinstitutionen führen den offenen, aufklärenden, kritischen Dialog über rechte Strategien. Sie gestalten diesen Dialog mit Mitwirkenden und dem Publikum in der Überzeugung, dass die beteiligten Häuser den Auftrag haben, unsere Gesellschaft als eine demokratische fortzuentwickeln.
Alle Unterzeichnenden bieten kein Podium für völkisch-nationalistische Propaganda.
Wir wehren die illegitimen Versuche der Rechtsnationalen ab, Kulturveranstaltungen für ihre Zwecke zu instrumentalisieren.
Wir verbinden uns solidarisch mit Menschen, die durch eine rechtsextreme Politik immer weiter an den Rand der Gesellschaft gedrängt werden.
Diese Marburger Erklärung versteht sich als Teil der bundesweiten Aktion „Die Vielen“. Sie hat jeweils lokalen Charakter und wird über regionale Zusammenschlüsse in jeweils eigenen Erklärungen bundesweit verbreitet. Alle Unterzeichnenden sind Einrichtungen von Kunst, Kultur, Bildung und Wissenschaft aus Marburg und Umgebung sowie freie Kunst- und Kulturschaffende, ihre Interessenvertretungen oder Verbände. Die Liste ist offen, ihre Unterzeichnung hat den Charakter einer solidarischen Selbstverpflichtung.
Die Unterzeichnenden wenden sich mit dieser gemeinsamen Haltung an die Öffentlichkeit und orientieren sich in ihrer Arbeit an den erklärten Prinzipien. Sie verpflichten sich zu gegenseitiger Solidarität mit Kultureinrichtungen und Kulturschaffenden, mit Wissenschaftsinstitutionen und Wissenschaftler*innen, die durch Hetze und Eingriffe in die Freiheit der Kunst, Kultur und Wissenschaft unter Druck geraten. Sie machen den Text sowohl innerhalb der eigenen Organisation wie auch öffentlich bekannt, z.B. auf Internetseiten, in Programmheften, als Aushang in Foyers oder in einer anderen geeigneten Form.
Als Teil der bundesweiten Aktion können die Unterzeichnenden sowie ihre Veranstaltungen und Aktivitäten auf der Homepage www.dievielen.de sichtbar gemacht werden. Umgekehrt können sich die Unterzeichnenden an bundesweiten Aktivitäten und Kampagnen beteiligen.
Solidarität statt Privilegien. Es geht um Alle. Die Kunst bleibt frei!
Rolf Michenfelder, TNT Marburg Künstlerische Leitung
Kristin Gerwien, TNT, Marburg, Künstlerische Leitung
Katrin Hylla, TNT, Künstlerische Leitung
Charlotte Bösling, TNT, Presse und Öffentlichkeit Siggi Ulm, TNT,Technik
Carola Unser HLTM, Intendanz
Eva Lange, HLTM, Intendanz
Gero Braach, KFZ Marburg, Geschäftsführung
Max Langenbrink, KFZ Marburg e.V.
Matze Schmidt, Waggonhalle Kulturzentrum e.V.
Marion Breu, Waggonhalle Kulturzentrum e.V.
Nisse Kreysing, Waggonhalle Kulturzentrum e.V.
Willi Schmidt, Waggonhalle, Kulturzentrum e.V.
Dr.Ilina Fach Kulturhorizonte e.V.
Sabine Kloske, Kulturloge e.V.
Alexandra Klusmann, Kulturloge Marburg, e.V.
Manfred Günther, Kulturloge Marburg e.V, Pressesprecher
Jutta Kahnwald, Kulturloge e.V.
Sabine Welter, Kulturloge, Marburg
Dr.Anna Widmer, Marburger Musikfreunde e.V.
Prof Kurt Gärtner, Marburger Musikfreunde e.V.
Lukas Haag, Marburger Musikfreunde e.V.
Mareike Herröder, Marburger Musikfreunde e.V.
Uwe Henkhaus, Marburger Musikfreunde e.V.
Karin Winkelsträter, ACTeasy Jugendtheaterclub e.V
Lara Mehler, ACTeasy Jugendtheaterclub e.V.
Jasmin Rohrig ACTeasy Jugendtheaterclub e.V.
Lou Mecklenburg, ACTeasy Jugendtheaterclub e.V.
Melissa Ortugan, ACTeasy Jugendtheaterclub, e.V.
Daniel Sempf, Die Hörtheatrale Marburg, Künstlerische Leitung
Inga Blix, TheaterGegenstand
Sabine Kröning, TheaterGegenstand, 1. Vorsitzende
Stefan Blix, TheaterGegenstand
Magdalena Kaim, TheaterGegenstand
Ulrich Pfeiffer, TheaterGegenstand
Elisabeth Auernheim, Geschichtswerkstatt Marburg
Carsten Degner, Jazzinitiative Marburg e.V.
Ursula Eske, Atelier Zwischen den Häusern
Pia Tana Gattinger , Kultur &Kulturen Netzwerk Richtsberg e.V., Projektleiterin
Jessica Petraccaro-Goertsches, Galerie JPG
Birgit Schäfer-Biver, Freischaffende Künstlerin
Robert Oschmann, Schauspieler
Ina Beneke, Büchner Verlag