21

November

Ich höre die Stimmen toter Frauen. Sie singen über den Tod.

Ein Theateressay über das Zuhören
Melusinen, Nixen und Nymphen, die Lorelei und die Sirenen locken mit ihren Stimmen den Unvorsichtigen in den Tod. Diese enorme Verführungskraft der Stimme, die sich hier so übermenschlich zeigt, ist fester Bestandteil kulturübergreifender Erzählungen und mythischer Stoffe. Im romantischen Lied trifft diese Stimme auf eine Sprache. Musik und Dichtung, Stimme und Sprache formen im Zusammenspiel die Motive der romantischen Dichtung aus: den Tod und Todessehnsucht, die Liebe, die Abwesenheit des Geliebten. Die Stimme des Liedes verfügt somit über eine Verführungskraft ganz anderer Natur: Sie entspringt dem allzu menschlichen Körper und verankert sich körperlich in mir, findet in mir Widerhall, singt in mir.
Ich höre heute Abend wieder die Stimmen toter Frauen – sie singen über die Liebe, sie singen über den Tod – und ich stelle wieder einmal fest, wie schwierig es ist, von dem zu sprechen, was man liebt. Was lässt sich über das Geliebte sagen als: Ich liebe es, und dies endlos zu wiederholen?Jeder Diskurs über die Musik kann, scheint mir, nur mit dem Offensichtlichen beginnen. Über das Schubertsche Lied kann ich nur sagen: Es singt, es singt einfach, ungeheuerlich, an der Grenze des Möglichen. Es sind vor allem die Stimmen toter Sopranistinnen, die beim Anhören ihrer Aufnahmen in mir mitschwingen, mich die Musik körperlich nachvollziehen und reproduzieren lassen. Diese Stimmen werden in keinem Konzertsaal, in keinem bürgerlichen Salon mehr erklingen, ich muss sie mir mit niemandem mehr teilen, sie singen nur für mich, in und aus mir.
››Ich höre die Stimmen toter Frauen. Sie singen über den Tod.‹‹ lädt ein zu einer Schubertiade, zu einem Zusammentreffen unter Freunden, zu einem gemeinsamen Moment des Zuhörens, in welchem sich die Intimität des Liedes und die jenseitigen Stimmen toter Frauen zu einen inneren Bild zusammenfügen. Dafür braucht es nicht viel mehr als ein Glas Rotwein, einen Sessel, ein Mikrofon und ein Klavier sowie die Vorstellungskraft des Publikums.
Premiere Freitag, 22.03.2019, 20.00 Uhr
weitere Termine Samstag, 23.03.2019, 20.00 Uhr Sonntag, 24.03.2919, 17.00 Uhr
Tickets unter: 06421-62582, kontakt@theaternebendemturm.de oder auf unserer Homepage www.theaternebendemturm.de
16,00 €/erm.10,00 €